Dann kam die Flut

August 20, 2010 um 11:55 pm | Veröffentlicht in 2010, Bilderhexe, BildungsLückenbauten, Drumherum und anderswo, Hexengeschichten, Kultur, So Momente halt..., Weißt_du_ noch, Wetter-Hexe, Wurzel-Werk | 4 Kommentare
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Alter Park mit nassen Füßen und ein paar angeschwemmte Erinnerungen

„Es ist eine sehr missliche Aufgabe, Felsen zu machen.“
(Hermann Fürst von Pückler-Muskau. In: „Andeutungen
über Landschaftsgärtnerei verbunden mit der Beschreibung
ihrer praktischen Anwendung in Muskau“. 1834)

Du ahnst nicht den Augenblick, in dem Vergangenes dich einholt…

Die Erinnerung des kleinen Mädchens von damals weiß nichts von der Angst vor herantosenden Flutwellen, in denen Haus und Hof untergehen. Der Fluss war sieben Kilometer weit weg und Hochwasser gab es nicht – damals. Und wenn es welches gab, dann als Überschwemmung auf untergegangenen Wiesen, einmal im Jahr. Ertrunkene Wiesen waren was Wunderbares. Sie lagen am Weg von der Schule nach Hause und machten, dass die Strecke von sonst so zwanzig Minuten sich zu Stunden auswuchs. Und sie tranken die Zeit, die nassen Wiesen, während das Mädchen zusammen mit dem Jungen von nebenan am Ufer der neuen Seen auf dem Bauch lag, nach treibenden Holzstückchen fischte und Papierboote aufs Wasser blies. Oder Schuhe und Strümpfe an den Wegrand warf und zur Expedition Tiefenmessung über das glitschige Gras in die halbmetertiefen Fluten watete. Dort roch es herrlich nach Sumpf und Matsch und Algen und der Schulfreund fing ihm winzige Frösche, die es sich selbst nicht anzufassen traute und die sie in die gelbe Brotbüchse sperrten. Doch irgendwann musste es nach Hause, erspähte mit Bangen schon von weitem die wütende Großmutter am Hoftor, die über das kalt gewordene Essen, die Schuhe in der Hand und den triefenden Rocksaum wetterte und Hausarrest verhängte. Vor dem es noch heimlich-hastig den Inhalt der Brotbüchse in die Gartenregenwanne freizulassen galt. Bedauernswerte Oma. Denn am nächsten Tag war wieder Schule. Und Heimweg. An den Wiesen vorbei…

Im Park
Die Erinnerung des großen Mädchens von damals kennt noch den Park mit der Ruine vom rot-weißen Fürstenschloss. Der Park war sieben Kilometer weit weg und es ist immer trockenen Fußes dort hinein – damals. Den Fürsten selber kennt sie nicht mehr. Der war da schon lange tot und dem Mädchen auch sonst nicht sehr gegenwärtig. Dass der olle Von und Zu, seinerzeit noch überaus ansehnlich und lebendig, nicht minder lebendige “Briefe eines Verstorbenen” für die Nachwelt schrieb, die sogar den Dichterfürsten Goethe vom Hocker rissen, erfuhr es erst Jahre später. Aber es dankte ihm für seine Landschaftsgärtnerei mit ihrem eigenen Zauber und den vielen romantischen Verstecken, die wie geschaffen waren für erstes unbeholfenes Knutschen im Dunkeln mit dem Jungen von nebenan und heimliches Erwachsenwerden mit mehr und Ungestümerem als nur Händchenhalten. Wird schon seinen Grund gehabt haben, dass dem alten Windhund und Schwerenöter solche Parkwinkel eingefallen sind. Ist der doch schließlich ungehindert seiner angetrauten und lebenslang geliebten ‚Schnucke‘ Lucie, Fürstin von Pückler-Muskau, geschiedene von Pappenheim, geborene von Hardenberg, die ihm Fels in der Flutwelle Brandung war, längst nicht nur Bettine von Arnim und der gefeierten Operndiva Henriette Sontag nachgestiegen.

Mit der großangelegten Landstricharchitektur hat er sich allerdings pekuniär übernommen, der fürstliche Gärtner. Was ihn zum Verkauf derselben zwang, zur Scheinscheidung von der ‚Schnucke‘ und emsiger Reisetätigkeit zwecks Suche nach einer reichen Braut bewog und ihn schlussendlich nach Branitz weiterziehen ließ. Wo er sich sogleich über die nächste Parkdesignerey hermachte. Das mit der reichen Braut aus England hat ja nicht so geklappt, wie man weiß. Was wiederum auch so tragisch nicht und keine verlorene Zeit war, da er dadurch nicht nur Charles Dickens höchstpersönlich kennenlernte, sondern zugleich seinen Durchbruch und rauschenden Erfolg als briefeschreibender Reiseschriftsteller zementierte.

Ganz nebenbei stiftete er mit der Beschreibung des Landschaftsparks von Warwick auch noch des Mädchens hausheiligen Edgar Allan Poe zu seinem – leider nur semibekannten – “Park von Arnheim” an. Eine persönliche Begegnung der beiden Genien verhinderte dereinst womöglich nur ein Duell des Fürsten, das ihn das Schiff für die Überfahrt nach Amerika verpassen ließ.
— Und das große Mädchen von heute fräße einen Besen, wenn Mr. E. A. Poe bei seinem Schöpfer des Parks von Arnheim, einem unermesslich reichen Mann, der sein ganzes Vermögen auf den Kopf haut, seine Umgebung für sich in eine schöne Idealwelt zu verwandeln, nicht ein bisschen auch an den Muskauer gedacht hat. Den hat irgendwer einmal einen Meister der Verschwendung und das ostdeutsche Gegenstück zum ‚Märchenkönig‘ der Bayern, Ludwig II., genannt. Doch endete er ohne Frage weit glücklicher als dieser.

Sein Englischer Park in Bad Muskau und auf dem polnischen Neißeufer gehört heute zum Weltkulturerbe, zu Recht, doch davon ahnte das Mädchen von damals nichts. Aber es hat nichts dagegen, selbst wenn das der Stille dort einigen Abbruch tut.

Auch inzwischen richtig große Mädchen ahnen nicht den Augenblick, in dem Vergangenes sie einholt. Bis unversehens ein alter, schöner Fürst Park mächtig nasse Füße kriegt.

Denn dann kam die Flut. Vorletzte Woche…


… und wie! Der Fluß läuft über.
Die Neiße brodelt
Die Brücke hält – zwischen zwei Ländern unter.
Wasser-Straße, Bad Muskau Ortsausgang
Wasserstraße. Trockene Füße: nach sieben Kilometern.
Land unter - GrenzpfostenWasser Marsch - "Flutweiser"
Grenzen verschwimmen, zum Glück gibts Wasserwegweiser.
Der Flut trotzen
Von Baum zu Baum: „Scheiß auf nasse Füße! Durchhalten, Jungs, wir trotzen der Welle.“
Wasser - sie stehen vor den Toren! No pasaran!
Der Feind steht vor den Toren! Bis hierher und nicht weiter.

Radlos ans Wasser. Ratlos am Wasser?

Blick auf die Freischwimmertreppe.

Unterwasserbrücke.
"Strand"bank
Land unter. Bank auch.

Auch wenn es so aussieht: Nein, der Fürst hat jetzt keinen Swimmingpool. Dafür Wasser im Keller…

…und Strand vor der Türe.

***

Der einschlägige Soundtrack ist heute von Witt und Heppner und außerdem vom Globalwahlsender Google videos. Weil – wie’s mir einer jüngstens so dolle treffend (und falls ichs nicht längst selber wüsste) auf den Punkt brachte – sich immer wieder erweist, „ein wie mächtiges Instrument zur Unterbindung von Musik dieses youtube ist“.

Bilder: Pückler-Frauen: Via Frank Kirchhoffs Fürst-Pückler-Seite. Park Bad Muskau – Schlossteich. Panorama: Via Manuel Dahmanns Kubische Panoramen. ‚Flutwelle‘ und ‚Grenzpfosten‘: dpa. Alle Flutbilder vom Park und Bad Muskau: via badmuskau.de. Rest: Sag ich nicht. 😉
Video: Die Flut. Witt und Heppner: Google video.

Meine Rabenseele

Oktober 27, 2008 um 4:14 am | Veröffentlicht in 2008, Bücherhexe, BildungsLückenbauten, Kultur, MarktLückenbauten, Märchenhexe, Mitmensch - unbekanntes Wesen, Real-Poetisches, Wurzel-Werk | 10 Kommentare
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Oder: Vom Krabat haben Nachkommen gelebt

Einer geht über das Land, ein Alter
oder ein Junger, man kann es nicht sehen, er ist zu nah.
Vielleicht ist es Krabat.
Krabat, von dem die Sage berichtet: Einmal fiel ein Stein
vom Himmel und zerbarst. Aus den Trümmern stieg Krabat
und schritt ins Land. Einmal wird ein Stein gen Himmel fahren,
darin wird Krabat sein. Dazwischen wird Krabat ein Mensch sein
und tun, was er tun muss.
Weiß man, was ein Mensch tun muss?
Vielleicht, dass er sein Woher und sein Wohin
mit einem Namen nennt und dass er das Eine
mit sich trägt und das Andere vor sich sieht.

(Jurij Brězan aus: Die schwarze Mühle)

Nun, was die beim hochverehrten Herrn von Kleist abgekupferte These angeht, so gibt’s da ja nix Verbürgtes. Aber so denn krabatsche Nachkommen die Erde bevölkern, und seien es nur solche im gefühlten Volksgeiste, dann bin ich gewiss eine von denen. Nicht nur, weil meine Wurzeln in dem Boden sprießen, über den er – gleich links um die Ecke – gewandelt ist und über den immer noch die Raben fliegen und – wieder – die Wölfe jagen. Nicht nur, weil in mir schließlich noch ein paar Tropfen sorbischen Blutes fließen, die ich meinen Altvorderen verdanke.

Ich bin mit den Sagen und Legenden um den ‚Doktor Faustus‘ der Sorben aufgewachsen, habe Mädchensommer in dem Nest Groß Särchen verbracht, das ihm einst gehörte, und kenne auch das andere, in dem die schwarze Mühle gerade wieder aufersteht (tja, nicht mal die guten alten Mären sind heutzutag vom schnöden Kommerz verschont). Von schwarzer Magie habe ich nicht die leiseste Ahnung, in eine Räbin mit leisem Flügelschlag verwandele ich mich nur selten heimlich in der Dämmerung und zaubern kann ich ein ganz klein wenig – manchmal. Doch seit Kindertagen schleppe ich ein zerlesenes Sagenbüchlein durch mein Leben mit, in dem auch die Geschichte vom Krabat wohnt. Zum Wurzeln-Gießen.

Es wird ja gemunkelt, dass gar unser aller oller Herr Geheimrat einige Passagen mit dem Zauberlehrling für seinen „Urfaust“ aus der Krabat-Legende geklaut hat. Und überpünktlich zum 85. Geburtstag des seit Schülergenerationen als Krabat-Märchenvater gefeierten Herrn Preußler flimmerte jüngstens ein nach seiner allseits beliebten Romanvorlage millionenschwer und aufwändig inszeniertes Filmepos über die Kinoleinwände, schwarzdüster und in Fantasy-Manier. Naja, über die Nähe zur Vorlage und auch über den Rest ist man sich in Cineastenkreisen ziemlich uneins, und das offenbar nicht nur, weil die schwarze Mühle von den Herren Gutmann und Kreuzpaintner aus den modderigen Sümpfen und sanften Hügeln der Oberlausitz eigenmächtig in die Hochgebirgslandschaft der rumänischen Karpaten versetzt wurde. Ich habe den Film bislang nicht gesehen, überlege noch, ob es sich gehört, sich ihn anzutun, so als Nachkommin jetzt. Und verweise einstweilen auf Fremdmeinungen, hier oder hier oder da.

krabat-wappenUm ehrlich zu sein, wusste ich von dem Preußler seinem Krabat bis vor wenigen Jahren überhaupt nichts. Was den aufmerksamen Leser nicht sonderlich verwundern sollte, weil er bestimmt drauf kömmt, dass der dort in der Krabat-Ecke damals n i c h t zur Schullektüre gehörte. Worum mich andererseits aber auch keiner allzu sehr bedauern muss. Denn zum einen hab ich die Bildungslücke inzwischen aufgeholt und außerdem hatte auch ich meinen Preußl… äh nö, meinen Jurij Brězan und frag lieber gar nicht erst, wem der heutzulande überhaupt noch was sagt. Dabei wurde auch er vielfach preisbekränzt, schrieb meisterhaft und gar zweisprachig (deutsch und sorbisch) und kannte als echter Sohn des Sorbenlandes seinen Krabat so gut wie kaum ein anderer.

Seine erste Bearbeitung (von drei) der Krabat-Sage “Die schwarze Mühle” erschien sogar ein paar Jährchen früher als das verklärte Preußler-Märchen (das ich um Himmelswillen keinem mies machen mag) und ist ein faszinierendes Buch. Allein schon die Sprache, klar und schnörkellos und zugleich so voller Poesie und erzählerischer Kraft, zieht einen von der ersten Seite an in ihren Bann.

Schwarze Mühle BuchcoverWas wie ein Märchen beginnt, wie ein alter lyrischer Mythos aus dem Volke, entfaltet auf ganzen hundert und ein paar Seiten verschiedene hochspannende Handlungs- und Reflexionsebenen – philosophisch, politisch, historisch, psychologisch und allgemein menschlich -, die nicht nur räumlich weit über den Rahmen der schwarzen Mühle hinaus reichen und den Leser fordern: ein abgerissener Bauernjunge, hungrig nach Nahrung und durstig nach Wissen, ist unterwegs auf der Suche nach Erkenntnis und sich selbst und gerät in die Fänge des schwarzen Müllers, der ihm als Lohn für sieben Lehrjahre in seiner Mühle die sieben Bücher des Wissens aus seiner siebenfach verschlossenen Truhe verspricht. Der aufgeweckte Krabat erkennt sehr schnell, in welch unheilvolles Geflecht von schwarzer Magie, gnadenloser Unterdrückung und Machtmissbrauch, Lüge, Angst und Tod er geraten ist, und sucht die Gefährten, die mit ihm Nacht für Nacht zu Raben werden müssen, als Verbündete zu gewinnen, dem Schwarzen das Handwerk zu legen.

Die Schauplätze wechseln, von einer Burg, in der es nach Verrat riecht und eine Schar von Helden blutig hingemetzelt wird, über den sächsischen Königshof und ein Feldlager der türkischen Heerscharen zurück in die wohlbekannte Landschaft voller geduckter Menschen unter der Knute des scheinbar allmächtigen Müllers und in den Sumpf mit der schwarzen Mühle, wo der Kreis sich schließt. Brudermord und öffentliche Verleumdung, die Auswüchse und Mechanismen pervertierter Machtausübung spielen ebenso eine Rolle wie die Sehnsucht nach Freiheit, der Drang nach Erkenntnis und vereintes solidarisches Handeln, alles dicht verwoben mit allegorischen Bildern und Anklängen an reale Ereignisse. Krabat ist längst nicht mehr der unschuldige fürwitzige Knabe auf der Suche nach der Weisheit; er wird zum durch Blut und Leid und Wissen geformten Hoffnungsträger. Die Formel “Wer weiß, der kann” zieht sich durch die gesamte Handlung und die Verbrennung der magischen Bücher ist letztlich die Konsequenz eines gereiften Mannes, der den faulen schwarzen Zauber gegen wahre menschliche Stärke, Erkenntnis und das Bewusstsein seiner selbst eintauscht. Was wie ein Märchen begann, endet in einem opferreichen Befreiungskampf durch die Zeiten hindurch – und unversehens mitten in der tatsächlichen Menschheitsgeschichte, nicht im Mythos. Es hinterlässt den Leser atemlos und hört, obwohl es Prosa ist, in alldem niemals auf, wie große, wunderbare Lyrik zu klingen.

Preußlers reines und anrührendes Märchen und Brězans geradezu unerhört dichte und suggestiv atmosphärische Art, mit dem Krabat-Stoff umzugehen, lassen sich nicht gegeneinander aufrechnen. Jeder von ihnen spielt eine ganz eigene, ganz andere Melodie. Irgendwo habe ich gelesen: Preußler verzaubert, Brězan tut das Gegenteil: er entzaubert, lotet tief aus. Ich glaube, das trifft es sehr gut. Brězans Buch ist der Krabat für Erwachsene.

Dennoch erstaunt mich bei der von beiden so verschieden erzählten gleichen Geschichte nicht, wie weltzugewandt und wie ähnlich sich zwei Autoren mit so unterschiedlicher Sichtweise, jeder auf seine Art vom Leben geprägt, in ihren Äußerungen darüber sind – auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag:

„Die Gestalt ließ mich nicht mehr los. Ich ahnte eine große Geschichte und brauchte Jahre, um ihren Kern herauszufinden: Wissen ist Macht und Macht macht frei.“
(J. Brězan)

„Mein Krabat ist […] meine Geschichte, die Geschichte meiner Generation und die aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken.“ (O. Preußler)

***

meister krabatDas lässt mich, sozusagen im Abgesang, nochmal an die Stätten Krabats – und meiner Kindheit – zurückkehren. Die Krabat-Sage ist im Vergleich zu vielen anderen Legenden noch nicht soo alt, erst etwas mehr als 300 Jahre. Und so mancher weiß es ja vielleicht: soviel Zauberei und schwarze Magie sich um ihn auch ranken mag, Krabat liegt ein reales Vorbild zugrunde. Dessen wirklicher Name war Johann Schadowitz, seines Zeichens ein kroatischer Soldat, den Kurfürst Friedrich August I. (später als August der Starke bekannt) aus dem Türkenfeldzug mitgebracht und für seine Verdienste um des Kurfürsten Leib und Leben mit dem bereits erwähnten Gut Groß Särchen beschenkt hatte.

Zu Krabat wurde er in Volkes Mund, da er eben aus K r o a t i e n stammte. Und das Andichten der Zauberkräfte hatte wohl mit dieser fremden Herkunft, seinem Aussehen und Gebaren, die geheimnisumwittert schienen, zu tun. Übrigens stammt auch die Bezeichnung für die bei einer gewissen Anzugsordnung obligatorische Krawatte daher: die damaligen kroatischen Soldaten banden sich ein rotes Tuch um den Hals und kreierten so den Stil à la Croat (resp. kravat). Siehstewoll, so geht Lautverschiebung auf Slawisch. Sogar für die Annahme, er sei ein Hirtenjunge aus dem Nachbardorf gewesen, hat der sagenkundige Mensch dort eine Erklärung: wenn man Krabat fragte, woher er käme, wies er vage in Richtung Süden. Doch für die unwissenden Bauern damals war die Welt klein und hinter dem nächsten Dorf zu Ende, also konnte er doch nur dieses meinen.

Krabat-SäuleDer historische Krabat selber lebte von 1691 bis zu seinem Tode in hohem Alter 1704 auf seinem Gut. Er tat der Überlieferung nach seinen Bauern allerlei Gutes, “hat bei Ostwind den Hagel aufgehalten”, karge Böden fruchtbar gemacht und Sümpfe trockengelegt. Auf ihn geht der Anbau von Dinkel und Hirse in der Lausitz zurück. Und vor allem hob er für die Bauern seines Gutes die Leibeigenschaft auf, ein ganzes Jahrhundert vor der französischen Revolution.

In Wittichenau, wo er begraben liegt, wurde ihm ein Denkmal errichtet, die Krabat-Säule. Und seine Wohltaten dauern fort. Denn inzwischen belebt der Krabat-Kult munter das Tourismus-Gewerbe in der Gegend: es gibt einen KrabatRadweg, das Krabat-Fest und einen lebendigen Krabat(darsteller), zugezogen aus dem Sauerland. Krabat-Bier und Kräuterschnaps werden gebraut, die Krabats Zauberkräfte in dir wecken, und in Schwarzkollm wächst die schwarze Mühle, zünftig mit einer Bude für Gesellen auf der Walz. Tja: WER WEISS, DER KANN. 😉

Und die Legende lebt. Ungeahnt real. RealPoetisch…

Bilder: CD-Cover: Zauberbruder; Krabat-Liederzyklus – von ASP, Standard Edition, Erstauflage; via The Tales of ASP. Wappen von Schwarzkollm – via Wikipedia. Buchcover: Die schwarze Mühle. Klett – via amazon. Grafik: Krabat – via Schwarzkollm-Website. Krabatsäule in Wittichenau: Julian Nitzsche.
Song: Krabat. Aus dem Liederzyklus „Zauberbruder“ von ASP zu Ausschnitten aus dem Karel-Zeman-Animationsfilm Čarodějův učeň von 1977; via youtube.

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